Die Verbundenheit mit der ehemaligen Zahnradbahn Honau - Lichtenstein geht anl. eines beruflichen Aufenthalts in Reutlingen schon auf das Jahr 1977 zurück. Der Verein Zahnradbahn Honau - Lichtenstein e.V. hat mit der betriebsfähigen Aufarbeitung der Lok 97 501 ganz Aussergewöhnliches geleistet. Besonders erfreulich auch, dass die Firma Fine Models die Baureihe 97.5 nun in 1:32 umsetzen will. Für uns also Gründe genug, sich mit dem Bau einer Zahnradstrecke zu befassen. Wie in der Galerie 2017/II gezeigt, hatten wir auch schon im Dezember 2017 die Möglichkeit gehabt, ein Handmuster auf Testfahrt zu schicken.
Fine Models hat die 97.5 passend zu den von Bockholt seinerzeit produzierten Zahnstangen und zu deren Loks konstruiert.
Die 2 mm breite Zahnstange wurde aus Stahlblech gelasert und hat Modul 1,0. Sie liegt mit der Teillinie 1,2 mm über SO; die Zahnspitzen ragen also 2,2 mm über das Gleis hinaus. Zur Befestigung müssen (an sich) die Schwellen durchbohrt werden. Eine Höhenausrichtung zur Anpassung an die verschieden hohe Gleisfabrikate ist nur durch Unterlegen von Plättchen möglich.
(Anm.: um die Schwellen nicht zu zerstören, wurde für den Testaufbau eine Verschraubung mit kleineren Schrauben zwischen den Schwellen angebracht. Die Spax-Köpfe sind nur zur Demo eingelegt)
Blick auf die Halterung von der anderen Seite her. Bei Konzeption dieser Zahnstange dürfte die von Bockholt her bekannte Robustheit im Vordergrund gestanden haben.
Das Handmuster der 97 zeigt bereits beachtliche Fahreigenschaften. Im Rahmen eines Testlaufes auf der Bockholt-Zahnstange ist dieser Clip entstanden. Auf dem Rollenprüfstand lassen sich die verschiedenen Kombinationen aus Abhäsions- und Zahnradbetrieb demonstrieren: Clip.
Und eine Lastprobefahrt (Vorstellwagen mit 6 kg bei 10% auf der Bockholt Zahnstange) wurde mittlerweile auch absolviert: Clip
In Honau begann driekt hinter dem Bahnsteig die Zahnstange (System Riggenbach).
Dieses Bild zeigt sehr gut den Aufbau der Zahnstange beim Vorbild. Es zeigt aber auch, dass eine genaue Umsetzung ins Modell sehr aufwändig ist und industriell wohl nur in Spritzguss und mit Werkzeugbau möglich ist. Hinzu kommt, dass die derzeit lieferbaren, fertigen Spur 1 Gleise alle einen Schwellenabstand von 2 cm haben. Für Honau sind aber 2,5 cm vorbildgerecht. Ausserdem: es sind grundsätzlich nur Stahlschwellen vorbildgerecht.
Für unsere geplante Zahnradstrecke haben wir uns daher für das Stahlschwellengleis von km1 entschieden, wobei wir dann jede Schwelle einzeln abtrennen und im Abstand von 2,5 cm verlegen sowie verschrauben werden. Um die Lagerung der Zahnstange einigermaßen dem Vorbild nachempfinden zu können, haben wir uns kleine Halter aus Messingguss gefertigt, die ...
... in zwei Bohrlöcher der Schwelle geklebt werden.
Hier sind die Schwellenroste von km1 noch nicht aufgetrennt; es soll nur die prinzipielle Anordnung gezeigt werden.
Sobald die 97.5 und die zugehörigen Zahnstangen ausgeliefert sind, wird mit dem Bau der Gleistrasse begonnen und der Bericht fortgesetzt.
Es sei denn, es juckt sosehr, dass wir uns vorher noch irgendwie einen VT 97.9 stricken ... :-)))
Inzwischen gibt es erste Versuche mit einer etwas vereinfachten Befestigung der Zahnstange ohne Ms-Gussteile. Die farbliche Gestaltung und das Einschottern bringen schon optischen Gewinn. Die halbierten und nachträglich aufgeklebten Kleineisen (hier noch aus Hübner-Restbeständen) haben natürlich nur ganz, ganz entfernt mit dem Vorbild zu tun, bringen aber auch eine optische Auflockerung.
Die Einlaufstücke können wie beim Vorbild etwas einfedern, wenn zufällig mal direkt Zahn auf Zahn treffen.
Betriebliches
Wenn sich die 97 in Honau am Bahnsteig hinter den Zug gesetzt hatte, ließ der Lokführer das Zahnradtriebwerk im Stillstand warmlaufen. Dazu konnten die Niederdruckzylinder über ein spezielles Ventil mit Frischdampf versorgt werden, während das Adhäsionstriebwerk festgebremst war. Zur Abfahrt des Zuges lief das Zahnradtriebwerk dann regulär im Verbundbetrieb, also mit dem Abdampf des Adhäsionstriebwerkes.
Beim Einlauf in die Zahnstange war eine Geschwindigkeit von 6 km/h erlaubt. Das Zahnradtriebwerk lief vor Erreichen der Zahnstange aber noch ohne Last zu schnell und musste daher vom Lokführer mit der Zahnradbremse "eingefangen" werden. Da es für das Zahnradtriebwerk keinen extra Tacho gab, brauchte der Lokführer eine andere Möglichkeit, um die Drehzahl irgendwie einschätzen zu können. Das geschah mit Hilfe des "Hampelmannes", einer kleinen roten Blechtafel, die an der Schwinge befestigt war und deren Tempo beim Tanzen vom Führerstand aus gut zu beobachten war. Es brauchte aber dennoch viel Gefühl und Erfahrung des Lokführers, um beim Einfahren in die Zahnstange beide Triebwerke auf gleiche Geschwindigkeit zu bringen, zumal Antrieb und Blindwelle für das Zahnrad 2,4 mal schneller lief wie die Radsätze.
Das Einfahren in die Zahnstange war aber immer auch ein wenig Glücksache, denn es konnte nie ausgeschlossen werden, dass die Zahnspitzen direkt aufeinander trafen. Um für diesen Fall die mechanischen Belastungen für Lok und Oberbau zu reduzieren, gab es 3 Maßnahmen:
- der Anfang der Einfahrleiter war in zwei starken Pufferfedern gelagert und konnte nach unten ausweichen
- die ersten Zähne waren als Rollen ausgebildet, um beim Auftreffen auf der Spitze leicht wegdrehen zu können
- die Zahnteilung war am Einlauf etwas größer und verringerte sich dann zum Ende hin kontinuierlich auf das Normalmaß
Ein gelegentliches Krachen dürfte wohl auch nicht ganz ausgeschlossen gewesen sein ...
Schade, dass der Autor dieses Schauspiel nicht mehr in natura erleben konnte.
In der Zahnstange waren übrigens bergauf und bergab nur 10 km/h zugelassen, in der Ebene 50 km/h.
Die 97 lief auf der Zahnstangenstrecke stets talseitig am Zug und mit dem Schlot zum Berg.
Am 22.4.2018 fanden anl. der erfolgreichen Zulassung als selbstfahrende Lok auf DB-Gleisen und den damit verbundenen Feierlichkeiten vier Pendelzugfahrten zwischen Reutlingen und Tübingen statt.
Foto: wulfman/DSO
Bisheriges Hindernis war die fehlende Abnahme der nachträglich angebrachten Indusi, weil die Magnete hinter der letzten Kuppelachse im Gleisbogen wenige Millimeter zu weit nach aussen wanderten. Im Rahmen einer aufwändigen Sonderprüfung konnte dann aber nachgewiesen werden, dass die Indusi dennoch einwandfrei arbeitet.
Foto: wulfman/DSO
Hier noch 60 Sekunden bewegte Bilder von diesem Betriebstag beim Vorbild.
Vergleicht man diese Aufnahmen mit den obigen vom Modell, fällt auf, dass dort die Steuerung falsch ausgelegt ist.
Richtig ist also: Schieberschubstange unten = vorwärts.
Bei Fine Models wird das noch geändert. Es müssen ja nur zwei CV Werte getauscht werden ...
Mitte Juli 2018 konnte ein weiteres Handmuster, nun in schwarzer Epoche 3 Version, in Augenschein genommen werden
Bei Hans in Oberbayern war eine Gegenüberstellung mit dem H0 Modell von Micro-Metakit möglich. Bei der kleinen Schwester gibt es zwar keine Beleuchtung, Decoder, Sound und auch kein abschaltbares Zahnradtriebwerk, dafür jedoch eine perfekte Präzision, Detaillierung und Laufruhe.
Hut ab!
Und Glückwunsch denjenigen, die solch ein edles Stück ihr Eigen nennen können.
Im Frühjahr 2019 konnten wir dann ein Modell der 97 501 in der Serienausführung bekommen. Nach ausführlichen Versuchen erwies sich dann aber das Konzept des Herstellers mit zwei getrennten Motoren und sepraten Decodern doch als nicht ganz so glücklich. Im Zahnstangenbetrieb ist es uns nicht gelungen, die Motorregelungen in den beiden Decodern so aufeinander abzustimmen, dass ein ruckelfreier Lauf in wechselnden Geschwindigkeiten, Fahrtrichtungen und Zuglasten zu erreichen wäre. Was beim Vorbild (s.o.) schon sehr schwierig war, nämlich die Drehzahlen von Adhäsion und Zahnrad in Einklang zu bringen, gelingt im Modell nicht, weil verschiedene Motortypen, Getriebeuntersetzungen und Decodertypen verwendet wurden. Beim Vorbild wird die Hauptlast vom Zahnrad getragen und die Adhäsionsradsätze "unterliegen" mit Schlupf. Im Modell geraten die Decoder mit der Motorregelung "gegeneinander" und beginnen zu schwingen. Unter ganz extremen Bedingungen war auch schon ein Krachen im Zahnradbereich zu hören.
Besonders schwierig war das Programmieren der Decoder, weil vor und nach jedem Lesen/Schreiben die Lok auf den Kopf gestellt werden musste und die beiden Programmierschalter (zum wechselseitigen Ausschalten der beiden Decoder) schlecht zugänglich tief drinnen im Rahmen liegen.
Das bewährte Konzept von Bockholt hat nur einen Motor/Decoder und passt die leicht abweichende Drehzahl zwischen Adhäsion und Zahnrad durch ein genau ausgelegtes Getriebe aus. Das hat zwar den optischen Nachteil, das Zahnrad nicht im Lokstillstand leer drehen lassen zu können, bringt dafür aber einen tadellosen Betrieb auch in der Zahnstange.
Also auch hier - wie so oft in der Spur 1 - wieder die unterschiedlichen Ansprüche zwischen Betriebsbahnern und SVB (Schachtel.- und Vitrinenbahnern).
Wir hatten deshalb unser "Zahnrad-Engagement" Ende 2019 erst einmal eingestellt.
(Nachtrag jedoch siehen unten)
Zur Abrundung noch einige Fotos des interessanten Modells 97 501 auf der Mannheimer Clubanlage.
Damit bei der 97 501 aber nicht auf Dauer alles auf Schlusslicht steht, wird es noch kleine Anpassungen geben, um im Reibungsbetrieb sauber fahren zu können. Rechts wird das Schutzblech bei schon minimalen Gleisunebenheiten vom Spurkranz berührt und gibt Kurzschluss. Hier wird etwas nachgebogen und Folie zwischengeklebt. Das Bremsgestänge ist wieder zu breit geworden, so dass es Berührungen mit den Kuppelstangen gibt und das Seitenspiel der Radsätze unnötig eingeschränkt wird. Wie mit den Vorrausmustern soll dann auch wieder der Radius 1394 befahrbar werden. Weiterhin werden die Programmierschalter (derzeit nur erreichbar, wenn man die Lok auf den Kopf stellt) in den Wasserkasten verlegt, um die Decodereinstellungen praktikabel anpassen zu können. Die blanken Kupferrohre und hellen Trittbretter werden noch geschwärzt, wie es eigentlich auch auf allen Betriebsfotos der Epoche 3 vorzufinden ist.
Nachtrag 11/2022
Das im vorigen Abschnitt erwähnte Verlegen der Programmierschalter erwies sich als einzig gangbarer Weg, um aus dem Modell fahrtechnisch noch etwas herauszuholen!
Auch die anderen Punkte sind inzwischen umgesetzt, inkl. der Befahrbarkeit von R 1394 und den Bogenweichen mit ebenfalls 1394.
In nächtelangen Programmier- und Versuchsfahrten konnte ein befriedigendes Fahrverhalten in der Zahnstange erreicht werden. Die Höchstgeschwindigkeiten entsprechen dem Vorbild:
Ebene 50 km/h und Zahnstange bergauf 15 km/h. Bergab hält man dann freiwillig 10 km/h ein. Die Einfahrt in die Zahnstange mache ich mit 5 km/h (Fahrstufe 7 bzw. 8, je nach Last)
Ausserdem wurde für den Warmlauf des Zahnradtriebwerkes im Stand ein Sound aufgespielt.
Hier ein kleiner Film mit kurzen Texten zu den jeweiligen Fahrzuständen.
Es kann durchaus sein, dass der Mannheimer Clubanlage demnächst doch eine kurze Zahnstanenstrecke spendiert wird ... :-)
2017.12.ab
2018.04
2019.09
2022.11
Zahnradbahn Honau - Lichtenstein e.V.